Neues Zentralbankgeld auf dem Vormarsch - Digitaler Euro

Die Einführung von digitalem Zentralbankgeld (CBDC: Central Bank Digital Currency) ist weltweit auf dem Vormarsch. Auch die EZB wird bereits Ende 2023 eine Entscheidungsvorlage zum digitalen Euro präsentieren. 

Digitales Zentralbankgeld Das Bezahlen mit Kreditkarte, Paypal, Apple Pay und anderen elektronischen Bezahlverfahren schreitet immer schneller voran. In manchen Ländern wie Schweden ist die Entwicklung schon sehr weit, das Bargeld faktisch abgeschafft. Doch das hat nichts mit digitalem Zentralbankgeld zu tun, was derzeit in vielen Ländern entwickelt oder sogar schon eingeführt ist. Einen guten Überblick bietet der CBDC-Tracker des Atlantic Council. Auch die EZB ist weiter als man denkt. Hier finden Sie den aktuellen Projektstatus der EZB. Wer sich durch mehrere Stunden Videomaterial kämpfen möchte, kann sich auch die jüngste Digital Euro Conference anschauen, an der auch der deutsche Finanzminister Christian Lindner in seiner Funktion als G7 Finance Track Chair teilgenommen hat. 

Bei digitalem Zentralbankgeld haben Privatpersonen und Unternehmen ein Konto direkt bei der Zentralbank. Bisher ist das Geschäftsbanken und den Finanzministerien vorbehalten. Die Abwicklung erfolgt über eine App (Wallet). In der Anfangsphase ist ein Maximalguthaben von 3.000 Euro im Gespräch. Es ist in einer Wallet auf dem Smartphone auch offline über eine NFC-Schnittstelle für die Bezahlung verfügbar. Das direkte EZB-Konto wäre dann – so die Protagonisten des digitalen Euro – auch im Hinblick auf Kontoführung und Transaktionskosten wesentlich günstiger als bei bisherigen Lösungen.

Offizielle Argumentation EZB und Politik starten gerade eine noch verhaltene Werbekampagne, um der Bevölkerung im Euro-Raum den digitalen Euro schmackhaft zu machen. Das ist nicht so leicht, ist die Materie doch recht abstrakt und komplex. Ein beliebtes Argument ist, dass Europa schneller sein muss als China, wo der digitale Yuan in einigen Pilotstädten bereits in der Realität angekommen ist. Auch private Kryptowährungen, die in jüngster Zeit durch Kursverluste und Skandale wie bei FTX heftig erschüttert werden und Milliardenvermögen vernichtet haben, würden nun ein schnelles Handeln der Politik erzwingen. Der digitale Euro wäre daher besser, weil er frei von Privatinteressen sei. Auch wäre die neue digitale Währung sicherer, weil die EZB nicht pleite gehen kann. Hinzu komme der bessere Datenschutz, weil der digitale Euro die Anonymität der Kontoinhaber wahre.

Nachteile des digitalen Euro Neben den genannten Vorteilen (Konto für alle, Sicherheit, geringe Kosten) hat digitales Zentralbankgeld aber auch erhebliche Nachteile, die gerne von der Politik verschwiegen werden:

  • Die EZB würde durch den digitalen Euro zu einem aktiven Player im Markt und ihre gebotene Neutralität aufgeben. Ihre auch gesetzlich festgelegte ureigene Aufgabe besteht in der Sicherung der Geldwertstabilität, der derzeit bei steigender Inflation nicht nachgekommen wird. Stattdessen finanziert sie Euro-Staaten durch den Ankauf von Anleihen und positioniert sich als Instanz zur Rettung der Welt. Die EZB hat inzwischen eine Bilanzsumme von fast neun Billionen Euro. Ob die angekauften Staatsanleihen von Griechenland, Spanien, Portugal, Italien und Frankreich als werthaltige Assets anzusehen sind, sei mal dahingestellt. 

  • Solange Bürger noch Möglichkeiten haben, ihre Konten wie bisher auch bei seriösen Anbietern wie den Volks- und Raiffeisenbanken zu halten, ist die Gefahr des Missbrauchs gering. Der Wettbewerb wird für einen Ausgleich sorgen. Problematisch wird es erst, wenn die EZB ein Monopol hätte und z. B. Minuszinsen direkt den Konten belasten könnte. Die finanzielle Freiheit der Bürger wäre dann dahin. In einem 2021 veröffentlichten und von den Sparda-Banken beauftragten Rechtsgutachten hat der Verfassungsrechtler Paul Kirchhof übrigens die Minuszinspolitik der EZB scharf verurteilt. Sie ist neben der Inflation ein weiteres Instrument, um die Bürger schrittweise zu enteignen.

  • Der digitale Euro wird nach bisherigen Verlautbarungen der EZB nicht über eine sichere Blockchain abgewickelt, wie etwa die Kryptowährung Bitcoin. Die Zusicherung der EZB, die Anonymität und den Datenschutz der Kontoninhaber des digitalen Euro zu wahren, ist daher wenig glaubwürdig. Wenn man die jüngsten Bestrebungen zur Einführung einer zentralen Identitätsnummer für Bürger in allen Euroländern (der Bundestag hat das am 28.1.2021 beschlossen) und globale Initiativen wie ID2020 betrachtet, besteht vielmehr die Gefahr, dass alle relevanten Daten und Transaktionen (z. B. Gesundheit, Finanzen, Reisen) unter einer digitalen Identitätsnummer abgewickelt werden.

Summa summarum ist es ratsam, sich mit dem digitalen Euro näher zu beschäftigen und die Entwicklungen weiter zu verfolgen. Stand heute bietet der digitale Euro aus Sicht der Bürger/innen keine nennenswerten Vorteile gegenüber dem klassischen Bankkonto und bestehenden digitalen Zahlungssystemen. Freiwilig werden die Leute wohl nicht zum digitalen Euro wechseln.

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