Bei Verhandlungen den Durchblick behalten - Wahrheit oder Lüge?

In Krisenzeiten wird auch das Geschäftsgebaren rauer. Viele sind dann auf den eigenen Vorteil bedacht und nehmen es mit der Wahrheit nicht so genau. In der Automobilindustrie sehen wir aktuell sehr gut, wie die Konzerne ihre Gewinne trotz heftiger Absatzeinbußen durch Preiserhöhungen nach oben treiben. Leidtragende sind die mittelständischen Automobilzulieferer, die weniger verkaufen und auf ihren Kosten sitzen bleiben. Von Solidarität in der Branche keine Spur. Bei geschäftlichen Verhandlungen geht es daher zunächst meist immer ums Gewinnen – Kompromisse aushandeln kann man immer noch. Egal, ob Sie mit einem Einkäufer oder einem Verkäufer persönlich verhandeln, machen Sie sich klar, dass Ihr Gegenüber das Beste für sich herausholen will – möglicherweise mit allen Mitteln. So kommen Sie Lügnern auf die Spur.

Unstimmigkeit von verbaler und nonverbaler Kommunikation

Lügen ist für die meisten Menschen kognitiv und emotional anstrengend. Sie haben Angst, entdeckt zu werden, und empfinden Unwohlsein und Stress. Beides kann sich unwillkürlich in verbalem oder nonverbalem Verhalten äußern. Erwarten Sie aber nicht, dass verzögerte Antworten, Mimik oder Körpersprache zuverlässig den Lügner verraten. Nestelt Ihr Gegenüber etwa mit der Hand an der Nase oder räuspert sich, bevor er antwortet, ist das vielleicht nur eine persönliche Angewohnheit, ein „Tick“, oder einfach ein Zeichen von Nervosität.

Beobachten Sie Ihren Verhandlungspartner genau und hören Sie ihm ebenso genau zu. Setzen Sie die nonverbale mit der verbalen Kommunikation in Beziehung. Passen beide zusammen, sind sie stimmig? Bei welchen Fragen oder Antworten ändern sich die nonverbalen Signale? Wenn Ihnen Widersprüche auffallen, nehmen Sie das als Hinweis und fragen Sie nach.

Lügen können Sie leichter entlarven, wenn Sie inhaltlich optimal vorbereitet sind. Überlegen Sie anhand der Unterlagen und des Verhandlungsgegenstandes vorausschauend, bei welchen Themen das Lügen für Ihr Gegenüber besonders vorteilhaft sein könnte. Stellen Sie Ihre Verhandlungsstrategie, Ihre Aufmerksamkeit und Ihre Fragen darauf ein.

Verdächtige Mimik

Im nonverbalen Ausdrucksbereich sollten Sie z.B. auf die Augen achten. Lügner vermeiden oder verkürzen gerne den Augenkontakt, haben einen starren Blick oder erweiterte Pupillen oder blinzeln häufig. Hinweise auf Lügen sind auch zuckende Mundwinkel oder unechtes Lächeln. Ein Klassiker ist das Erröten. Allerdings sind manche Signale minimal ausgeprägt und dauern nur einen Sekundenbruchteil. Diese sog. Mikroexpressionen oder Mikromimik können meist nur von geschulten Personen erkannt werden, und dies auch nur auf Videoaufnahmen in Zeitlupe.

Körpersprache

Gesten und Körperhaltung liefern weitere Hinweise auf mögliche Lügen. Mancher schluckt oder räuspert sich, nickt an unpassenden Stellen oder zittert gar, weil er sich unwohl fühlt. Lügner neigen dazu, auf Distanz zum Gegenüber zu gehen und Gegenstände wie Stift, Mappe oder Notizblock als Barrieren vor sich zu platzieren. Nervöses Verhalten und Zucken ist verräterisch, ebenso eine verkrampfte Haltung von Körper, Händen, Armen oder Füßen.

Verbale Hinweise

Lügen sind vor allem unwahre verbale Äußerungen. Daher sind inhaltliche Widersprüche oder Unstimmigkeiten per se verdächtig, ebenso auffällige Rhetorik wie z.B. zu schnelle oder zu langsame Antworten, Bitten um Wiederholung der Frage, um Zeit zu gewinnen, weiterhin streng chronologische Erläuterungen oder der Versuch, die Themenführung gezielt zu beeinflussen. Mancher Lügner macht unerwartet Komplimente, um unangenehmen Fragen zu entkommen, oder nimmt selbst Fragen vorweg. Wer stammelt, stottert, sich verspricht oder plötzlich in eine höhere Stimmlage umschlägt, könnte gerade unter Lügenstress stehen.

Fazit

Lassen Sie sich nicht fahrlässig durch Lügen übervorteilen. Beobachten und analysieren Sie lieber sorgfältig, wie Ihr Verhandlungspartner verbal und nonverbal kommuniziert. Mit angemessener Fragetechnik können Sie dann Hinweise aufgreifen und „nachbohren“.

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